Ornithologe Dr. Rainer Ertel: Gelbspötter und Grauammer auf dem Rückzug

Seit fünfzig Jahren erforscht der bekannte Ornithologe Dr. Rainer Ertel auf sieben Kontinenten und drei Weltmeeren die Bewohner der Lüfte; bekannt ist er durch Bücher wie „Die Natur im Remstal“. Sein neustes Buch „Vögel der Welt“ stellte er bei meiner Veranstaltung am Montagabend in der Winnender Kelter vor. „Was wird bleiben?“, lautet seine kritische Frage vor rund fünfzig Zuhörerinnen und Zuhörern, denn der einzigartige Reichtum ist weltweit bedroht.

„Gelbspötter, Grauammer und Baumpieper – was es in den 1950er-Jahren alles gab“, erinnert Ertel sich an eine Kindheit und Jugend in Esslingen, in der die Welt noch nichts von Artenschwund wusste. Am Beispiel des Feldsperlings im Rems-Murr-Kreis – „früher ein Allerweltsvogel“ – machte er deutlich, wie schnell heutzutage ein Vogel im Bestand gefährdet sein kann; bei Zählungen wurden zuletzt nur noch wenige gemeldet.

Die Gründe, die Ertel nennt, sind vielfältig: Immer noch werden Vögel im Mittelmeerraum geschossen; der frühere französische Präsident Mitterand etwa wollte sogar am Sterbebett noch einen Ortolan serviert bekommen – trotz strenger Fangverbote gelten sie heute in Südfrankreich weiterhin als Delikatesse. Viele Arten sind durch Neozoen wie den Waschbär bedroht, ein guter Kletterer, der mit Vorliebe Vogeleier verspeist; die Nilgans wiederum verhält sich aggressiv gegenüber Enten und Blässhühnern und vertreibt diese. Auch Ratten und Katzen setzen den Vögeln zu.

In hiesigen Breiten sieht der Wissenschaftler den Habitatverlust, sprich Flächenverbrauch, als größte Gefahr. Trotz allem hoffnungsvoll stimmt Ertel, dass viele Arten nur lokal gefährdet sind und dass sich Bestände erholen können. Als in den USA vor 60 Jahren das Insektizit DDT verboten wurde, habe sich in allen Bundesstaaten die Population der Weißkopfseeadler wieder erholt. „Solange eine Art nicht ausgestorben ist, besteht die Möglichkeit, das Rad umzudrehen“ – ein Fazit, das Hoffnung macht und gleichzeitig als Aufforderung zu sehen ist, sich aktiv für Biodiversität einzusetzen.